1. Sonntag der Passionszeit Lätare Gottesdienst ONLINE 30. März 2025

Text: Johannes 12, 20–24/ Lied EG 98          Thema: Weizenkorn: Liebe lebt auf

Pfarrer Thomas Risel

 

EINGANGSMUSIK

«Jesu bleibet meine Freude»

Aus: J. S Bach, Herz und Mund und Tat und Leben, BWV 147: Choral No. 10.

Niederländische Bach-Gesellschaft.

https://www.youtube.com/watch?v=GWtoeYznx8E

 

GRUSS UND VOTUM  

Herzlich willkommen am 4. Sonntag der Passionszeit, «Laetare, freuet euch!» –

auch das kleine Ostern genannt, mitten in der Passionszeit.

Immer näher rückt das Leiden Jesu, an das wir uns am Karfreitag besonders erinnern.

Immer näher rückt auch das Osterfest, das den Sieg des Lebens über den Tod feiert, die Auferweckung Christi.  Worte Jesu, die Sterben und Leben geheimnisvoll und tröstlich miteinander verbinden, begleiten uns durch diesen ONLINE Gottesdienst für zuhause und durch diese Woche.

(Johannes 12,24).

Wir feiern Gottesdienst:

Im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.   G.: Amen

Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn

G.: der Himmel und Erde gemacht hat.

Der Psalm 84 berichtet von einer Wallfahrt nach Jerusalem, zum Hause Gottes dorthin, wo selbst die Geringsten ihren Platz finden können.

In und trotz aller Not und Beschwernis will Gott trösten und aufbauen. Der Leitvers macht deutlich: In Gottes Nähe ist Frieden erlebbar.

Freuet euch mit Jerusalem und seid fröhlich

über die Stadt, alle, die ihr sie lieb habt! (Jes. 66,10) 

PSALM: Psalm 84, 4-8

4 Der Vogel hat ein Haus gefunden und die Schwalbe ein Nest für ihre Jungen – deine Altäre, Herr Zebaoth, mein König und mein Gott.

5 Wohl denen, die in deinem Hause wohnen; die loben dich immerdar.

6 Wohl den Menschen, die dich für ihre Stärke halten und von Herzen dir nachwandeln!

7 Wenn sie durchs dürre Tal ziehen, / wird es ihnen zum Quellgrund, und Frühregen hüllt es in Segen.

8 Sie gehen von einer Kraft zur andern und schauen den wahren Gott in Zion.

GLORIA PATRI

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist,

wie im Anfang, so auch jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit. Amen.

KYRIE

Manchmal fühlen wir uns allein, wie abgeschnitten von allem,

was lebendig ist. Dann brauchen wir dich, guter Gott.

KYRIE ELEISON – Herr erbarme Dich

Chris Tomlin – Kyrie Eleison (Lyric Video)

https://www.youtube.com/watch?v=n50HIBUJN34

 Die Augen des HERRN merken auf die Gerechten und seine Ohren auf ihr Schreien. (Psalm 34,16)

GEBET:

Gütiger Gott, manchmal stehen wir fest im Leben. Fühlen uns gut. Freuen uns auf die Tage, die vor uns liegen. Voller Lebenshunger und Fantasie gestalten wir unsere Zeit.

Manchmal fühlen wir uns auch leer. Abgeschnitten von allem Lebendigen. Das Leben scheint an uns vorüberzuziehen, ohne Sinn, ohne Ziel.

Wir bitten dich:

Sei du uns nahe heute und in diesen Tagen in unserer aufgewühlten Welt.

Lass uns teilhaben an dir.

Schenke uns deine Ewigkeit in unsere Zeit hinein.

Darum bitten wir dich, der du lebst und unser Leben trägst in Zeit und Ewigkeit.

G.: Amen.

 

EVANGELIUM:

Vom Tod und vom Leben spricht Jesus mit dem Bild vom Weizenkorn:

Das Evangelium dieses Sonntags steht bei Johannes 12,20-24:

G: Ehre sei dir Herr

20 Es waren aber einige Griechen unter denen, die heraufgekommen waren, um anzubeten auf dem Fest.

21 Die traten zu Philippus, der aus Betsaida in Galiläa war, und baten ihn und sprachen: Herr, wir wollen Jesus sehen.

22 Philippus kommt und sagt es Andreas, und Andreas und Philippus sagen’s Jesus.

23 Jesus aber antwortete ihnen und sprach: Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde.

24 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.

Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.                             

G: Lob sei dir, Christus

LIED:  EG 396, 1 Jesu, meine Freude     BWV 227: Choral: Vers 1, Ottawa Bach Choir

https://www.youtube.com/watch?v=_8yaRR7vpIM

 PREDIGT:  über das Lied EG 98 (Unten)

 

 LIED: EG 98 Korn, das in die Erde

https://www.youtube.com/watch?v=rb_jQSu6Gms

 

FÜRBITTE

Jesus Christus,

unser Friede,

Freude in der Angst,

Hoffnung in der Dunkelheit.

Wir bitten dich um Frieden.

Es herrscht Krieg.

An so vielen Orten, nah und fern.

Erbarme dich

der Opfer,

der Männer und Frauen, die um das Überleben kämpfen,

der Kinder, die um ihre Zukunft gebracht werden,

der Schöpfung, die zerstört und der Tiere, die getötet werden.

Du bist der Frieden,

schaffe dir Raum in dieser Welt.

Kyrie eleison, Gott erbarme Dich..

Wir bitten dich um Schutz.

Es herrscht Furcht.

Mächtige machen Geschäfte und die Wahrheit leidet.

Erbarme dich

der einfachen Leute,

der Mutigen, die der Lüge standhalten,

der Menschen guten Willens,

der treuen Menschen, die für andere sorgen.

Du bist Schutz und Schirm vor allem Bösen,

bewahre uns und unsere Kinder.

Kyrie eleison. Gott erbarme Dich.

 

Wir bitten dich um Leben.

Du bist die Liebe.

Du sprichst zu deiner Gemeinde und zu uns.

Du stehst uns bei.

Erbarme dich,

der Kranken,

der Trauernden,

der Müden und Erschöpften.

Du bist das Korn,

das in die Erde sinkt.

Lebe in uns auf,

wachse in uns,

heute und morgen und alle Tage.

Dich loben wir.

Und zu Dir beten wir in der Stille für alle, die unser Gebet nötig haben …

Segne uns, Gott, wenn wir jetzt beten, wie dein Sohn gebetet hat…

Vaterunser im Himmel,

geheiligt werde dein Name;

dein Reich komme;

dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern;

und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit

Amen

 

Musik-Meditation über „Korn, das in die Erde“

Gespielt von Schülern der Musikschule für die Stadt Buchholz

https://www.youtube.com/watch?v=b7S9A84O5Wc

 SEGEN –

GOTT segne und behüte dich

GOTT lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig

GOTT erhebe sein Angesicht auf Dich und gebe dir Frieden.  Amen.

 

J.S. Bach – Mottete „Jesu, meine Freude“ BWV 227

(RIAS Kammerchor, Akademie für Alte Musik Berlin) 19.min.

https://www.youtube.com/watch?v=i2hRogi4NHI

 

Predigtgedanken zu EG 98 «Korn das in die Erde»

Liebe Gemeinde,

Es heisst, dass die drei wichtigsten Bücher eines (evangelischen) Christen die Bibel, das Gesangbuch und der Katechismus (Konfirmandenbuch) seien. Vielleicht ist es für manche auch «Harry Potter» dazu und «Herr der Ringe»…

So ist es sinnvoll, auch einmal über ein Lied zu predigen. Wir schauen also heute auf das Wochenlied EG 98 «Korn das in die Erde».

Das Gesangbuch von 1994 übernimmt erstmals auch Lieder aus Kirchen im Ausland, ökumenisch und international, Europa gewissermassen vorweggenommen. Kein Lieder-Brexit!

Katholische Liederdichter sind da vertreten wie auch internationale Lieder, z.B. aus England, Frankreich, Ungarn, Polen, Holland, USA. Diese Lieder wären nicht im Gesangbuch, wenn nicht Leute Lieder im Ausland gefunden und übersetzt hätten.

Einer von den Liedübersetzern war Jürgen Henkys, von dem zwölf Lieder in unserem Gesangbuch stehen. Er wurde 1929 in Ostpreußen geboren, war 1956 Pfarrer in Brandenburg, dann Dozent am Sprachenkonvikt der evangelischen Kirche Berlin Ost zur DDR-Zeit, wo man Theologie studiert hat. Und schliesslich war er noch (1991-1995) Professor für praktische Theologie an der Humboldt Universität in Berlin.

Er nahm sich besonders ausländische Lieder vor, die er ins Deutsche übertrug, und schuf neue Texte zu alten und neuen Melodien. Bei seinem Suchen entdeckte er eine französische Weihnachtsmelodie, die mit einem englischen Passions- und Ostertext versehen war. Das ist unser Wochenlied «Korn das in die Erde».

Er übersetzte nun den Liedtext eines englischen Dichters (John Maclead Campbell Crum) aus dem Jahr 1928: „Now the green blade rises“, d.h. „jetzt wächst der grüne Halm auf“. 1976 übertrug Henkys diesen Text ins Deutsche. Seitdem macht das Lied seine Runde in evangelischen und katholischen Gesangbüchern. Die Melodie ist eigentlich zu einem Christfestlied aus Frankreich, aus dem 15. Jahrhundert, und wurde dann ein Lied zwischen Passion und Ostern, das beide Feste verbindet.

Ostern ist das älteste Fest der Christen, nicht Karfreitag, nicht Weihnachten/Christfesttag. Die Christen haben zuallererst Ostern gefeiert, das Fest des Lebens mit Gott. So steht unser Lied als Verbindungsglied zwischen Passion und Ostern, und leitet über zu Ostern. So wie auch unser Sonntag heute, das kleine Ostern.

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Bei unserem Lied fällt ein neuer Ton auf, im Vergleich zu anderen Passionsliedern. Das hängt zusammen mit den beiden Bibeltexten, die in dem Lied verarbeitet sind: Johannes 12 und Matthäus 13. In beiden Texten ist die Natur, die Schöpfung Bild für das geistliche Geschehen. Das ist der neue Ton. So macht es die Bibel auch, selbst Jesus.

Der Kehrvers dieses Liedes gibt das Thema des ganzen Liedes an: „Liebe wächst wie Weizen und ihr Halm ist grün.“

Die Liebe ist Gottes Liebe, Gottes Liebe in Jesus Christus. Die Liebe ist die Kurzfassung des Leidens und des Sterbens Jesu. Aus Liebe ist er diesen Weg gegangen.

Liebe zu uns Menschen. Es wird nicht darüber debattiert, ob wir würdig sind. Die Liebe gilt uns, trotz unserer Schuld, trotz unseres Versagens, trotz unserer Fehler. Da müssen nicht bestimmte Begriffe vorkommen, wie zum Beispiel Sünde und Gericht und Schuld und Versäumnisse. Nicht der Begriff macht es, sondern die Sache. Und die Sache ist erfasst, in Str. 1:

Strophe 1

„Korn, das in die Erde, in den Tod versinkt.

Keim, der aus dem Acker in den Morgen dringt.

Liebe lebt auf, die längst erstorben schien:

Liebe wächst wie Weizen und ihr Halm ist grün.

 

Bild: Korn das in die Erde EG 98, 1

Im Hintergrund steht der Wochenspruch aus Johannes 12 vom Weizenkorn: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.»

Mit dem Korn, dass in der Erde versenkt wird, ist der Tod Jesu umschrieben. Es ist aber nicht biologisch gemeint, Dahinter steht der Gedanke, dass die Liebe Gottes nicht sterben kann. Darin stimmen Biologie und Theologie überein.

Die Liebe Gottes ist nicht totzukriegen. Sie ersteht wieder und wieder und wieder. Das ist Ostern. Die Liebe Gottes lebt weiter. Und auch Jesus Christus ist nicht totzukriegen.

Dahinter steht aber auch der Gedanke, dass unsere menschliche Liebe zu erkalten droht. Unsere Liebe zu Gott und unsere Liebe untereinander. Das wäre das Ende der Gemeinde Jesu, wenn die Liebe sterben würde.

Das ist Ostern für die Gemeinde: Die Liebe wird neu zum Leben erweckt. Sie wacht auf, wächst auf. Das heisst: Wir müssen und dürfen uns Gottes Liebe schenken, uns von Gottes Liebe erfassen lassen, uns von Jesus Christus lieben lassen, damit wir wieder lieben und damit wir erst richtig leben können.

Strophe 2:

„Über Gottes Liebe brach die Welt den Stab,

wälzte ihren Felsen vor der Liebe Grab.

Jesus ist tot. Wie sollte er noch fliehn?

Liebe wächst wie Weizen und ihr Halm ist grün.“

Darin ist deutlich:

Jesus Christus ist die Liebe Gottes in Person. Das ist unser Glaube, wo viele sagen: man kann doch Gott und seine Liebe nicht sehen!? Die Katholiken hätten wenigstens eine schwarze Madonna und ähnliches, das sie anbeten könnten, und was haben wir, wir Protestanten? Ich antworte immer gern darauf mit einem Satz von Luthers Beichtvater aus dem Augustiner-Kloster in Erfurt, Staupitz, der zu dem jungen Martin einfach sagte: „Schau auf Christus!“ Jesus Christus ist die Liebe Gottes in Person.

Aber: Jesus ist tot. ER kann nicht aus dem Grab fliehen. Unser Lied beschreibt Jesu Leiden und Sterben in dieser Strophe:

„Über Gottes Liebe brach die Welt den Stab, wälzte ihren Felsen vor der Liebe Grab. Jesus ist tot. Wie sollte er noch fliehn?“

So komprimiert beschreibt es die ganze Leidensgeschichte bis hin zur Grablegung, das was in Johannes 12-19 steht, also in 8 Kapiteln. Aber jede Strophe wird beendet mit dem Kehrvers:

„Liebe wächst wie Weizen und ihr Halm ist grün.“

Das Osterlicht leuchtet in der dunklen Nacht des Karfreitags. Kein Karfreitag ohne Ostern!!! NICHTS kann uns trennen von Gott.

Strophe 3 (gesprochen):

„Im Gestein verloren, Gottes Samenkorn,

unser Herz gefangen in Gestrüpp und Dorn –

hin ging die Nacht, der dritte Tag erschien.

Liebe wächst wie Weizen und ihr Halm ist grün.“

In dieser Strophe ist nun das Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld und vom Sämann zu entdecken. Die Begriffe Gestein, Gestrüpp und Dornen sind da. Das gibt es alles in der Natur und verhindert Wachstum. Das gibt es alles in unserem Leben und macht unseren Glauben manchmal schwer. Aber Jürgen Henkys hat diese Begriffe verwendet, um das Leiden und Sterben Jesu zu uns zu holen. Gottes Samenkorn ist ausgesät. Gottes Wort ist verkündet. Aber ein Teil fiel auf steinigen Boden – bei uns. Und unser Herz ist im Gestrüpp der Welt gefangen. Diese Gefangenschaft wird beendet durch die Liebe.

„Hin ging die Nacht, der dritte Tag erschien.“

Das ist Kunst: Das christliche Doppelfest in einem Satz zusammenfassen. Der Tod ist getötet. Der Tod ist gestorben. Das Leben siegt. Die Liebe wächst aus dem steinigen, mit Gestrüpp und Dornen bewachsenen Boden heraus. Die Liebe lässt sich nicht unterkriegen. Die Liebe endet nie. Auch wenn sie manchmal verdeckt scheint.

Und auch unsere Liebe wächst, wenn wir sie wachsen lassen. Liebe hat es an sich, dass sie Gräben überspringen und dass sie Brücken bauen kann. So geht unsere Liebe zu Christen in der Welt. Sie geht zu unseren Freunden, Gemeinden in Mediasch, Ungarn, Tschechien. In Finnland und in Schweden und Deutschland. Und zu allen verfolgten und entrechteten Menschen.

Liebe überspringt Gräben, baut Brücken. Davon leben wir. Wir sind nicht allein auf der Welt. Die Liebe Gottes in Jesus überspringt Gräben, baut Brücken. Das ist die Botschaft dieses Wochenliedes für heute und morgen.

Gottes Liebe, die Liebe Jesu Christi wächst und ihr Halm wird grün. Amen.