Herzlich willkommen zum 360. Luther-Abendgebet am Mittwoch, 28. Mai 2025. Zeit für einen Rückblick auf den Tag und auf die Hälfte der Woche. Zeit für Gedanken, Musik und Gebet inmitten von Dankbarkeit und auch Sorgen des Lebens und des der Welt.
Ich zünde eine Kerze an, gegen das Dunkel, für den Frieden, für Vertrauen, für die Hoffnung.
So sammeln wir uns heute Abend:
im Namen Gottes, der uns wie ein Vater und eine Mutter in Liebe umfängt,
im Namen Jesu Christi, dem Herrn und Bruder, der uns im Leiden trägt und hilft,
und im Namen der Heiligen Geistkraft, die uns verbindet zwischen Himmel und Erde.
Amen.
Unsere Hilfe kommt von dem Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.
In allem, was in dieser Welt und in unserem Leben geschieht und sich wandelt: Gott bleibt, unser Gebet bleibt.
GEBET
Gott, ich bin hier. (Wir sind hier).
Allein,
und doch verbunden in Gedanken und im Gebet,
durch Deinen Geist, mit Schwestern und Brüdern, mit Freundinnen und Weggefährten.
Wir sind / Ich bin mit Herz und Seele von zuhause dabei.
Verbunden, um diese Andacht zu feiern.
Wir kommen mit allen schönen Erlebnissen, Begegnungen und Gefühlen dieser Tage.
Mit Sorgen, mit Leid und Erschrecken
über die Auswirkungen der Klimaerwärmung, Kriege und Ungerechtigkeiten dieser Welt,
wir kommen auch mit Dank für so viele kleine Dinge, die uns erfreuen und guttun,
die so selbstverständlich funktionieren in unserem Leben.
Wir kommen im Vertrauen, dass du die Welt in der Hand hältst,
dass du uns hältst,
dass du mich hältst.
Wir machen uns bewusst, du Gott, bist da.
Amen.
LIED: Gott ist gegenwärtig
https://www.youtube.com/watch?v=2dsdeSoqx0g
Kurt Marti, Das gesellige Buch
Ein Buch?
Mehr noch: Eine Bücherei!
66 verschiedene Bücher
von nicht nur 66 verschiedenen Autoren,
denn manch eines enthält
(nach Art der hölzernen Babuschkas)
in sich wiederum drei, vier kleinere Bücher
verschiedener Autoren.
Nicht zu vergessen
die namenlosen Scharen
späterer Bearbeiter, Ergänzer, Verknüpfer,
der fromme Fleiss
ihrer minutiösen Text-Finissage
während rund eines Jahrtausends
jüdisch-urchristlicher Geschichte.
Allmählich entstand so:
ein Bücherbuch vieler Stimmen,
die nacheinander,
nebeneinander,
durcheinander,
gegeneinander,
miteinander
reden, singen, murmeln, beten.
Dissonanzen? Jede Menge.
Widersprüche? Noch und noch.
Kein ausgeklügelt Buch.
Hundert-Stimmen-Strom
(selbst Schriftgelehrte ermessen ihn nicht)
–
wohin will er tragen?
Über Schwellen, Klippen, Katarakte
heimzu, heilzu (hoff ich).
Merklich oder unmerklich nämlich
strömen die verschiedenartigen,
die verschiedenzeitlichen Stimmen
denn doch
und stets wieder zu EINER Stimme zusammen:
«Das Wunder dieses Zusammenfliessens
ist grösser als das Wunder
eines einzigen Autors»
(EMMANUEL LEVINAS)
Viel-Stimmen-Buch also,
geselliges Buch
(geselligstes der Weltliteratur!):
in ihm wird
die EINE,
die verlässliche Stimme
der geselligen Gottheit laut.
LIED: Gottes Wort ist wie Licht in der Nacht
https://www.youtube.com/watch?v=kV0Tc9PpjKs
Liebe Gemeinde, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,
vor kurzer Zeit fragte mich wieder jemand, wie denn die Bibel entstanden sei. Ich hatte nämlich gesagt, die Briefe des Paulus seien die ältesten Schriften des Neuen Testamentes. Das hatte mein Gegenüber ein wenig irritiert, weil ja das Neue Testament mit den Evangelien beginnt, die das Leben von Jesus erzählen.
Daher möchte ich Sie und Euch heute Abend einladen, mit mir über die Bibel und ihre Entstehung nachzudenken.
Die Bibel ist eigentlich nicht ein Buch, sondern eine gesamte Bibliothek. Wobei die einzelnen ihrer Bücher, auch über längere Zeit entstanden sind, immer wieder gelesen und auch mal überarbeitet und verlängert wurden. Zum Beispiel hat das Buch des Propheten Jesaja, ausser dem Propheten Jesaja, noch mindestens zwei weitere Prophetenstimmen enthalten. Oder die Korintherbriefe des Paulus. Das sind nicht zwei ganze Briefe, sondern mehrere Briefe des Paulus an die Korinther in 2 Schriften zusammengefasst.
Das soll sie nicht verwundern, sondern erfreuen. Diese Worte der Bibel, dieses Wort Gottes, das uns in den Schriften der Bibel begegnet hat über Jahrtausende Menschen angesprochen, ihnen geholfen, ihnen Orientierung, Trost und Hoffnung gegeben. Es ist kein Wissenschaftsbuch, sondern ein Buch voller Weisheit und Lebenserfahrung, vor allem aber ein Buch, in das so viel Erfahrung mit Gott eingeflossen ist. Das finde ich immer wieder sehr bewegend und berührend. So viele Menschen vor uns waren mit Gott unterwegs. Und die eine Stimme Gottes spricht uns durch ihre Erfahrungen bis heute an. Die Stimme Gottes, der der eigentliche Autor hinter den Geschichten und Büchern der Bibel ist.
BILD: Grosse Jesajarolle, eine der ältesten und besterhaltenen Bibelhandschriften, ca. 180 v. Chr. Wikipedia
Hier nun einige Zahlen: Das Alte Testament, Hebräisch Tenach, ist zwischen ca. 1000 v.Chr. und 150 v.Chr. entstanden. Die meisten Bücher des AT wurden zwischen dem 8. und dem 5. Jh.v.Chr. verfasst. Der genaue Zeitpunkt der sogenannten Kanonisierung des AT, das heisst der Festlegung der Schriften, die zum AT gehören, ist schwer festzulegen. Man kann jedoch sagen, dass spätestens im 1. Jh.n.Ch. der jüdische Kanon, also das AT abgeschlossen war.
Das Neue Testament entsteht zwischen ca. 50-125 n.Ch. So wie im Fall des AT ist die mündliche Überlieferung irgendwann verschriftlicht worden. Dabei sind die Briefe des Paulus die ältesten Texte. Ab ca. 50 n.Ch. entstanden. Die Evangelien entstanden zwischen ca. 70-100 n.Ch. Weitere Schriften, wie die Apostelgeschichte, Johannesbriefe und die Offenbarung des Johannes bis etwa 125 n.Ch.
In den ersten Jahrhunderten kursierten viele Schriften in den christlichen Gemeinden. Ein allmählicher Prozess der Kanonisierung, also der Festlegung der Schriften des NT hat im 2. Jahrhundert begonnen. Endgültig war er erst im 4. Jahrhundert abgeschlossen. In einem Briefwechsel von Athanasius von Alexandria aus dem Jahr 367 wird erstmals von den 27 Büchern der Bibel gesprochen.
Nun es gibt ausserhalb des biblischen Kanons auch noch weitere wertvolle Bücher, die zwischen dem Alten und Neuem Testament entstanden sind. In manchen Bibeln sind sie als «Apokryphen» oder «deuterokanonische Bücher» abgedruckt. ZB die Makkabäer Briefe oder das Buch Judith oder Tobit. Luther sagte dazu, sie seien «nützlich zu lesen» haben aber nicht den gleichen Stellenwert wie die anderen biblischen Bücher.
Wir kennen auch noch weitere Schriften aus den ersten Jahrhunderten, die aber bewusst nicht aufgenommen worden sind, da sie zwar zum Teil christlich klingen, sich dann aber doch zu stark davon entfernen, was Christus gepredigt und gelebt hat .
BILD: P66- Papyrus Bodmer II, ungefähr auf das Jahr 200 datiert. Eines der ältesten erhaltenen Manuskripte des Neuen Testaments. Wikipedia
Die Bibel ist seit Jahrhunderten das meistgelesene Buch der Welt. Und das aus gutem Grund. Für unzählige Menschen war und ist sie ein Anker in stürmischen Zeiten, eine Quelle der Hoffnung, ein Wegweiser für das Leben.
Und heute ist das immer noch so. Die Bibel spricht in eine Welt, die sich ständig verändert und bleibt dabei erstaunlich aktuell. Sie erzählt Geschichten von echten Menschen mit echten Herausforderungen: von Zweifel, Angst und Hoffnung. Liebe und Versöhnung. Gerade in einer Zeit wie heute , in der viele nach Orientierung suchen, Trost brauchen und Hoffnung, zeigt die Bibel einen Weg der Beziehung zwischen Gott und Mensch. Erzählt von der Zuwendung Gottes, dem wir Menschen nicht egal sind. In einer Welt, die wir so bedrohlich erleben, erzählt die Biebl von Gott, der uns umgibt und hilft und trägt – trotz allem.
«Dein Wort ist meines Fusses Leuchte und ein Licht auf meinem Weg» heisst es im Psalm 119,105. Die Bibel ist nicht nur ein Text, sondern ein lebendiges Reden Gottes. Es berührt uns und spricht zu uns. Wir fühlen, es ist Gott selbst, der sich uns zuwendet. Sein Wort richtet auf, es korrigiert, es ermutigt und tröstet. Es stellt uns aber auch Fragen und gibt zugleich Antworten, die tiefer gehen als alle menschliche Weisheit.
Ich denke, deshalb ist und bleibt die Bibel wichtig. Weil sie uns Menschen nicht nur sagt, was wir tun sollen, sondern wer wir sind: geliebt, gewollt und von Gott belgeitet.
Amen
MUSIK; Teleman – Menuet
https://www.youtube.com/watch?v=AbtAUEIJcf4
GEBET
Im Gebet treten wir vor Dich,
aber was sollen wir beten?
Wir sagen dir Dank
für das Leben, das uns umgibt und erfüllt,
für das Schöne, das wir schauen und hören,
für die Liebe, die wir erfahren und anderen schenken,
für den Geist, der uns ermuntert und verbindet.
Wir sagen dir unsere Klage
um die Verwüstung der Schöpfung,
um die Verheerung der Krieges,
um die Beschädigung der Wahrheit,
um die Verletzung der Gerechtigkeit.
Wir sagen dir unsere Bitte
für die bedrohten Pflanzen und Tiere,
für die Menschen ohne Hoffnung,
für unsere verunsicherte Welt,
für die klein werdende Kirche.
Wir singen dir unseren Lobgesang
für deine Güte, die nicht zu Ende ist,
für deine Gerechtigkeit, die ihren Weg findet,
für deine Wahrheit, die uns erleuchtet,
für deine Großzügigkeit, aus der wir leben.
Zu dir und nur zur dir beten wir, denn du bist unser Gott und keiner sonst,
Vater, Sohn und Heiliger Geist von Ewigkeit zu Ewigkeit.
(Wochengebet der VLKD, Johann Clausen)
Was uns persönlich am Herzen liegt, unseren Dank und unsere Bitte, das bringen wir nun vor Gott.
Vater unser im Himmel
geheiligt werde dein Name;
dein Reich komme;
dein Wille geschehe,
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern;
und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
SEGEN
Empfangt den Segen Gottes:
Gott segne und behüte dich
Gott lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig
Gott erhebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.
Amen
Bleibt zuversichtlich, denn Gott ist da
MITTEILUNGEN
Herzliche Einladung:
-an Christi Himmelfahrt, 29. Mai um 10.00 Uhr Festgottesdienst im Grossmünster mit dem „Himmelfahrts-Oratorium“ von J. S. Bach, mit Pfr. Thomas Risel und Pfr. Martin Rüsch.
– am Sonntag, 1. Juni um 10.00 Uhr, zum Gottesdienst mit Taufe und Kindergottesdienst in die Martin Luther Kirche, mit Pfrin Marion Werner.
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Wir danken allen, die mit unterwegs sind in Gebet und Gemeinschaft, und wünschen eine behütete und hoffnungsfrohe Woche. Bleiben wir zuversichtlich. Gott ist da.
Herzliche Grüsse nach nah und fern!
Marion Werner mit Thomas Risel
MUSIK: Gott sei mir dir
https://www.youtube.com/watch?v=ry-BVx_0tsw