Luther-Gebet für Mittwoch, 4. Januar (Neujahr) 2023:

Herzlich willkommen zum 240. Luther Abendgebet, dem ersten 2023, am 5. Januar.

Noch Weihnachtslichter, tauender Schnee und Kälte, wir empfangen das heller werdende Tageslicht und sehen auf den Beginn eines neuen Jahres. Wir sehen auch die Dunkelheit.

Zeit für Kerzen, Gedanken, Ruhe, schöne Musik und Gebet.

Und so sammeln wir uns auch heute Abend am 4. Tag des neuen Jahres:

im Namen Gottes, der uns wie ein Vater und eine Mutter in Liebe umfängt,

im Namen Jesu Christi, der für uns als Sohn Gottes geboren ist,

und im Namen des Heiligen Geistes, der uns verbindet zwischen Himmel und Erde.

Amen.

Unsere Hilfe kommt von dem Herrn,

der Himmel und Erde gemacht hat.

In allem, was in dieser Welt und in unserem Leben geschieht und sich wandelt:  Gott bleibt, unser Gebet bleibt.

Mittwoch abends um 21.00 Uhr, am Sonntag um 10.00 Uhr.

SICH BEREIT MACHEN.

Ich suche einen guten Ort für mich. Er hilft mir, zur Ruhe zu kommen.

Ich entzünde eine Kerze und denke an den Frieden um mich und in der Welt.

Ich lasse mich vom Licht bescheinen, das kann mir helfen, mich für die Gegenwart Gottes und seinen Heiligen Geist zu öffnen.

GEBET                                                                                       

Ewiger Gott, ich bin hier. (Wir sind hier).

Allein,

und doch verbunden in Gedanken und im Gebet,

durch Deinen Geist, mit Schwestern und Brüdern, mit Freundinnen und Weggefährten.

Wir sind / Ich bin mit Herz und Seele von zuhause dabei.

verbunden, um diese Andacht am Jahresbeginn zu feiern.

Wir kommen mit allen freudigen Erlebnissen, Begegnungen und Gefühlen dieser Tage.  Mit Leid und Trauer, mit Erschrecken über Kriege und Ungerechtigkeiten dieser Welt, mit Dank.

Wir machen uns bewusst, du Gott, bist da. Amen.

      

Bild: Jahreslosung Sehen

Seien wir willkommen mit derJahreslosung 2023 aus dem 1. Buch Mose Genesis 16, 13:

„Du bist ein Gott, der mich sieht“

Musik: Lied zur Jahreslosung 2023

https://www.youtube.com/watch?app=desktop&v=gsyRszzdvDs

Text (zu 1. Mose 16,13) und Musik: Hans-Joachim Eißler, Gottfried Heinzmann 

I:

Die Jahreslosung 2023 stammt von einer Frau – von einer Unterdrückten, einer Randfigur der Gesellschaft. Damit begleitet erstmals das Zitat einer weiblichen Bibelgestalt ein ganzes Jahr.

Um zu wissen, woher der Satz kommt, muss man etwas in die Geschichte Israels einsteigen, eine spannende bewegende Geschichte:

“Du bist ein Gott, der mich sieht” – bis zu diesem erlösenden Satz war es für Hagar ein weiter Weg. Hagar war Sklavin der Unterschicht. Hagar eine Frau, das bedeutete: doppelte Unterschicht. Sie geriet in einen Macht- und Gefühlskonflikt, dem sie hilflos ausgeliefert war. Die Ägypterin Hagar diente nicht irgendjemandem – sie diente Abraham und Sara, einem der drei Erzelternpaare Israels. Abraham und Sara hatten das Problem: ihre Ehe war kinderlos. Dabei hatte Gott ihnen einen Sohn verheissen. Der Sohn war nicht da – für Abraham und Sara ein Nachwuchs- und ein Glaubensproblem.

In grosser Selbstaufopferung gab Sara ihrem Mann die Sklavin Hagar in die Arme, auf dass er Nachwuchs zeuge. Und obwohl der Patriarch zu diesem Zeitpunkt 85 Jahre alt war, wurde Hagar schwanger. Ihr Bauch wuchs, und mit dem Bauch wuchs der Neid, die Eifersucht und Verzweiflung Saras. Was hatte sie da angezettelt? Ihre Frustration liess sie an Hagar aus, sie behandelte die Sklavin so schlecht, dass Hagar beschloss, in die Wüste zu fliehen.

So irrte die schwangere, rechtlose Frau durch die Wüste. Sie lässt die aufgezwungenen Bindungen zu Abraham und Sara hinter sich, aber sie ist allein, ohne Beistand und todesnah. Am Tiefpunkt. An diesem Punkt trifft sie auf eine Quelle. Und der Engel des Herrn tritt zu ihr, spricht ihr Mut zu, weist ihr den Weg zur Umkehr unter den Schutz Abrahams. Der Engel verheisst ihrem Sohn Ismael Macht und eine grosse Nachkommenschaft. Und Hagar, vom nahen Tod in neuer Hoffnung genesen, blickt den Engel an und spricht: “Du bist ein Gott, der mich sieht.” Von diesem ‘Augenblick’ an bewegt sie sich im Schutz Gottes.

Bild: Jahreslosung See (Foto und Kalligraphie: Lexi Schubert)

II:

Die Erfahrung ist so alt wie die Menschheit. In Genesis 16,13 wird sie zu einer unvergesslichen Geschichte zusammengeballt.

Es ist das Licht am Ende des Tunnels, das “Immer wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her …”.

Eine Frau in der Wüste, verstossen, schutzlos, unfähig, ihr werdendes Kind zu schützen, orientierungslos, verdurstend. An diesem Punkt löst sich alles auf, alle Hoffnungen, alle Wünsche und Pläne. Wie ein Ende.

Und dann ist der Engel ist da. “Gott sieht dich” – in der grössten Schutzlosigkeit nimmt er dich in den Schutz seiner Hände. Gott hat die Kinder Isarels auf der Flucht vor den Ägyptern geschützt. Und nun hilft er einer Ägypterin aus der Not der Fllucht, was für ein Gott!

Das soll uns die Geschichte von Hagar vermitteln, einer schwachen und zugleich starken Frau, einer der ausgeliefertsten Figuren des Alten Testaments.

Hagars Ausspruch “Du bist der Gott, der mich sieht” ist ihr Moment. Diesem Gott, der seinen liebenden Blick auf sie richtet, gibt sie sich an die Hand, kehrt zurück in Abrahams und Saras Menage á trois, aber sie bewahrt ihre Würde.

Sie bringt Ismael zur Welt und wird zur Stammmutter der Araber.

Es ist der leitende und liebende Blick Gottes. Er sieht uns an, jede und jeden. Damit können auch wir dann anders sehen, die Welt einmal mehr mit Gottes Augen, durch alle kommenden Krisen hindurch.

Damit können wir durch ein neues Jahr gehen.

Denn Gott ist „ein Gott, der uns sieht.“

 

Musik: Lied zur Jahreslosung 2023. Text und Melodie: Peter Menger

https://www.youtube.com/watch?v=G3DySW7ovt4

 

Fürbitten (VELKD Wochengebet)

Aller Anfang, Gott, Schöpfer der Welt,
liegt in dir.
Am Beginn des Jahres hören wir deine Stimme:
Sie kündet Hoffnung den Armen,
Freiheit den Versklavten wie Hagar,
Einsicht den Verblendeten,
Rettung den Gequälten,
ein Gnadenjahr des Herrn.

Heute kommen wir zu dir und bitten dich:
Erfülle deine Verheissungen und schenke Hoffnung,
wo ein Anfang undenkbar und Aufbruch nur Verzweiflung ist,
wo der kommende Tag Krieg und Zerstörung bedeutet,
wo die Angst die letzte Kraftquelle ist.

Aller Anfang, Gott, Schöpfer der Welt, liegt in dir.
Du bist ein Gott, der uns sieht.

Wir kommen zu dir und bitten dich:
Erfülle deine Verheissungen und schenke Freiheit,
wo Willkür und Unterdrückung herrschen,
wo manipuliert und verheimlicht wird,
wo Meinungsfreiheit nur ein Schein
und Demokratie nur ein Schleier ist,
wo Ideologien und Machtinteressen
in Gewalt oder Heimtücke Menschen drangsalieren.

 

Aller Anfang, Gott, Schöpfer der Welt, liegt in dir.
Du bist ein Gott, der uns sieht.

Wir kommen zu dir und bitten dich:
Erfülle deine Verheissungen und gib Einsicht,
wo Menschen gefangen sind in sich selbst,
in materiellem Denken,
in der Angst, zu kurz kommen,
in Selbstüberschätzung,

in der Unfähigkeit, andere zu hören und zu verstehen.

Errette,
die sich selbst und ihren seelischen Wunden nicht mehr entkommen,
die krank sind ohne Hoffnung,
die verwundet sind ohne Hilfe,
die sterben ohne Beistand.

 

Aller Anfang, Gott, Schöpfer der Welt, liegt in dir.
Am ersten Tag des Jahres hören wir deine Stimme.
Gnade sagt sie uns zu,
Gnade,
die alles verwandelt
in deinem Sohn Jesus Christus,
der mit Dir und dem Heiligen Geist
alle Zeit vollendet.

Mit seinen Worten beten wir, laut oder leise:

Vaterunser

…geheiligt werde dein Name;
dein Reich komme;
dein Wille geschehe,
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern;
und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.

Amen.

 

SEGEN

Dass das neue Jahr zum Segen werde:
Gott, segne und vollende, was wir begonnen haben!
Gott, segne uns und mach auch uns zum Segen!
Segen
für unsere Nachbarn und unsere Angehörigen,
für unsere Freunde und Gefährtinnen,
für die Menschen, denen wir täglich begegnen;
in unsere Wohnräume, Arbeits- und Lebensräume
auf alle Strassen und Wege, die wir gehen.

Uns und alle Menschen segne Gott,

der uns in seinen Händen hält,

der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.

 

Zum Abschluss hören wir Musik aus dem 5 Teil des Weihnachtsoratoriums.

Musik: Johann Sebastian Bach – Weihnachtsoratorium Kantate BWV 248, V:

“Ehre sei dir, Gott, gesungen” (Bach-Stiftung St. Gallen)

 

https://www.youtube.com/watch?v=IkdV-i1xqx4&t=79s