Herzlich willkommen zum 303. Luther Abendgebet am Mittwoch, 27. März 2024.

Wir sind in der Karwoche, der Zeit des Gedenkens an den Weg Jesu ans Kreuz und der Vorbereitung auf das Osterfest.

Wir halten inne: Zeit der inneren Einkehr, in allen aktuellen Sorgen um den Frieden, in Gaza und Israel, nach über 2 Jahren Ukraine-Russland-Krieg, um den Zusammenhalt und die Gerechtigkeit.

Zeit für Gedanken, Musik und Gebet.

Ich zünde eine Kerze an, in Dankbarkeit, in Vertrauen, in Hoffnung.

So sammeln wir uns heute Abend:

im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes

die uns verbinden zwischen Himmel und Erde.

Amen.

Unsere Hilfe kommt von dem Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.

In allem, was in dieser Welt und in unserem Leben geschieht und sich wandelt:  Gott bleibt, unser Gebet bleibt.

Aus dem Wochen-Spruch für Palmarum/Palmsonntag-Karwoche

(Johannes 3, 14b-14).

“Der Menschensohn muss erhöht werden, auf dass alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben.” | Joh 3,14b.15

Das Evangelium des Palmsonntags und dieser Woche erzählt die Wallfahrt Jesu zum Pessachfest nach Jerusalem. Er geht nicht dorthin, um zu sterben, sondern in Erwartung des anbrechenden Reiches Gottes. Doch er wird sterben- und leben.

Musik: Holz auf Jesu Schulter“ EG 97; Willem Barnard/Jürgen Henkys; Musik: Ignace de Sutter

https://www.youtube.com/watch?v=tntH_iThKLs

Fotos: Blüten im Frühling 2024

Vom Kreuz, Leid, Tod hin zum neuen Leben im Frühling der Karwoche 2024:

Ich glaube, Herr,

dass es am Ende des Weges keinen

Weg gibt,

sondern das Ende einer Pilgerreise!

Ich glaube, Herr,

dass es am Ende des Aufstiegs keinen

Aufstieg gibt, sondern den Gipfel!

Ich glaube, Herr,

dass es am Ende der Nacht keine

Nacht gibt,

sondern das Morgenrot!

Ich glaube, Herr,

dass es am Ende des Winters keinen

Winter gibt,

sondern den Frühling!

Ich glaube, Herr,

dass es am Ende der Verzweiflung

keine Verzweiflung gibt, sondern die

Hoffnung!

Ich glaube, Herr,

dass es am Ende des Wartens kein

Warten gibt,

sondern die Begegnung!

Ich glaube, Herr,

dass es am Ende des Todes keinen Tod

gibt,

sondern das Leben!

Joseph Folliet, aus dem Christkatholischen Gebet- und Gesangbuch, 2004, S. 1096f.

Foto: Mexikanische Wandmalerei I

Man wünscht sich schöne Bilder. Bilder, bei denen einem das Herz aufgeht. In wohltuenden Farben. Etwas das einen anspricht und berührt. So, dass man es immer wieder anschauen mag. Das gilt auch für Bilder mit einem eigentlich ernsten Thema. Das gilt auch für das Bild der Kreuzigung Jesu. Das Thema ist schwer genug. Da ist es doch vielleicht schön, wenn die Darstellung zumindest kunstvoll gemalt ist. Oder eine Besonderheit hat. Etwas Ernstes im Ausdruck der Figuren. Oder eine Landschaft, wohin das Auge schweifen kann. Oder unerwartete Farben. Oder die Gestalt Jesu so dargestellt, dass sie einen berührt.

Auf unserer Karte vor uns ist ein Bild auf eine Mauer gemalt. In einer Fussgängerunterführung, oder in einem Bahnhof.

Die Haltungen der Figuren wirken einfach so angeordnet, fast nach Bedarf. Wie man Menschen eben malt, die das Kreuz halten. Oder es aufrichten. Es sieht nach Anstrengung aus. Fünf Leute braucht es dafür. Was rechts davon zu sehen ist, ist nicht ganz klar: Vielleicht das Gewand Jesu? Eine Waffe, ein Speer, ist das Einzige, was man wirklich erkennt.

Ein verwaschenes, helles Blau ist der Grundton. Was ist es, was wir da sehen?

Das Bild kommt aus einem anderen Land, einer anderen Kultur. Es ist aus Mexiko.

Ein Fotograf hat es aufgenommen, aber keine näheren Angaben zu dem Ort gemacht. Sicher ist nur, dass es irgendwo mitten im Leben steht, nicht in einer Kirche. An einem Ort, an dem Menschen vorbeigehen. Täglich. Sonntags wie werktags. Früh am Tag auf dem Weg zur Arbeit. Mitten am Tag beim Einkaufen. Oder abends auf dem Weg nach Hause. Eine Kreuzigung mitten im Leben. In der Schweiz und in Deutschland ist das kaum vorstellbar, da sind religiöse Darstellungen im öffentlichen Raum eher ungewöhnlich. Oder sie stossen nicht gerade auf Zustimmung. Dort in Mexiko scheint das niemand zu stören. Im Gegenteil.

Warum möchten Menschen die Darstellung einer Kreuzigung auf ihren alltäglichen Wegen um sich haben? Wäre eine Blumenwiese an einer Hauswand nicht viel schöner? Oder Darstellungen von Tieren oder von dem Künstler Banksy. Mexiko ist ein Land mit einer reichen, Jahrtausende alten Kultur: Zu einer atemberaubenden Landschaft und Kultur gehört aber auch noch die ganz andere Wahrheit: eine sehr hohe Kriminalität. Manche Gebiete Mexikos gehören zu den gefährlichsten der Welt. 35.000 Morde und 82.000 Vermisste zählt das Land.

Wenn das Leid so sichtbar auf der Strasse zu finden ist, wundert es einen nicht, dass die Menschen genau dort auch Gott in ihrer Nähe wissen wollen, den Gekreuzigten. Dort, wo sie oft vorbeigehen. Mitten im Leben. Dort soll auch Gott sein. Sie möchten, dass er an ihrer Seite ist, der Schmerzensmann, der Gottessohn. Der, der das Leben von unten kennt. Sie wollen nicht allein bleiben in ihrem Leid. Sie fühlen sich dem nahe, der am Ende selber Opfer war von Gewalt.

Links oben sind zwei weitere Figuren zu sehen. Sie sind nicht beteiligt. Oder besser: anders beteiligt. Sie legen nicht mit Hand an. Sie schauen zu. Ganz oben eine Nonne in ihrer Ordenstracht. Also keine historische Figur aus der biblischen Kreuzigungsszene. Vielmehr jemand, die vom heutigen Blickwinkel aus darauf sieht, was da geschieht. Wie wir. Die Figur unmittelbar darunter faltet die Hände. Vor Entsetzen? Oder zum Gebet?

Unser Glaube verbindet uns mit den Menschen dort: Sie wissen und wir wissen, dass all das, was schrecklich ist, nicht das Letzte ist, was es zu sagen gilt. Es gab eben doch am Ende noch einen Ausweg. Nicht Menschen gemacht. Vielmehr von Gott gebahnt. Für seinen Sohn. Und damit für alle. Auch die vielen Namenlosen. Die Verlierer. Die Opfer. Diese Wahrheit kann sogar trösten. Selbst, wenn das Leben unvorstellbar schlimm zuschlägt, bleibt das: Der Blick auf den Gekreuzigten ist eine Zuflucht. Ein Ansatz für Hoffnung. Ein Impuls, dass das Leben doch weitergeht. Ein Funken Licht, wo es sonst so finster aussieht.

Jesus, der Gekreuzigte hat eine Bedeutung für unser Leben, gerade, wenn es uns nicht gut geht. Das zu glauben, bleibt ein Leben lang eine Lebensaufgabe, aber auch Lebenshoffnung für uns Christen. Für die Menschen dort – wie für uns auch. Der Maler dieses Bildes und auch der Fotograf wollten genau das den Menschen zeigen. Die Bedeutung Jesu für uns steckt mitten im Leben. Wo es aussieht, als sei alles am Ende. Genau dort ist er. Daran wollen wir uns immer wieder erinnern. Daran wollen wir festhalten. Amen.

(Mit Gedanken von Christof Hechtel)

 

Foto: Keine Dornen ohne Rosen (Zürich Passion 2024)

 

Fürbitten (J.H. Claussen)

Jesus, wer bist du?

Ein Galiläer
Ein armer Mann
Aufsässig
Macht und Ohnmacht
Liebe

Heute noch

Der Friedensstifter
Gottes Sohn und
Inbild des Menschlichen.
Deine Kraft ist
In der Schwäche mächtig.
Immer
Heute noch

Jesus, wohin führst du uns?

Durch den Tod ins Leben
Durch die Schande ins Erbarmen.
Zu allen und für alle,

die unschuldig leiden in so vielen Gebieten dieser Welt,
ins Mitleiden und Mitleben.
Immer
Heute noch

Jesus, wo sind wir bei dir?

Bei denen, die dir glauben und folgen,
mit offenen Sinnen
helfenden Händen
liebenden Herzen.
Immer
Heute noch

Jesus,
stärke unseren Glauben
stärke unsere Liebe
stärke unsere Hoffnung
mit deiner grossen Macht.
Immer und auch heute

Mit Deinen Worten beten wir gemeinsam:

Vaterunser… geheiligt werde dein Name;

dein Reich komme;

dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern;

und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit.   Amen.

 

SEGEN

Geht in diese Nacht und den neuen Tag und diese Zeit mit dem Vertrauen, dass Gott mit seinem Segen bei uns ist und dass Gott diese Welt tatsächlich liebt und verwandeln will.

Der Segen Gottes

allmächtig in seiner Herrlichkeit,

ohnmächtig am Kreuz,

lebendig in seiner Kraft

komme auf uns herab,

umhülle uns,

schütze und berge uns.

Amen.

Foto: blauer Himmel im Frühling 2024

Verabschiedung:

Herzliche Einladung zu den Gottesdiensten der Karwoche und Ostern:

in der Martin-Luther-Kirche am Gründonnerstag 18 Uhr mit Abendmahl und Projektchor, an Karfreitag 10 Uhr stiller Gottesdienst und der Ökumenische Kreuzweg Zürich:

 am Ostersonntag 7 Uhr Ostermorgenfeier, 10 Uhr Familiengottesdienst, dazwischen Osterfrühstück, und um 11 Uhr Ökumenischer Festgottesdienst in der Halden-Kirche St. Gallen.

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Wir danken allen, die mit unterwegs sind in Gebet und Gemeinschaft, viele seit über 300 Ausgaben, und wir wünschen allen eine behütete Zeit!

Bleiben wir zuversichtlich. Gott ist da.

Herzliche Grüsse nach nah und fern!

Thomas Risel und Marion Werner

 

Am Ende hören wir, wer mag, die Arie „Ich weiss dass mein Erlöser lebt“ von Georg-Friedrich Händel, aus dem Oratorium „Messias“:

Musik: G. F. HÄNDEL – MESSIAH HWV 56, Aria „Ich weiss dass mein Erlöser lebt“/”I know that my redeemer liveth”

https://www.youtube.com/watch?v=0fNw63Ojd_8